View of city
Entrance of an ancient building in Spain
View of a mountain in Spain
View of a bridge
Aerial view of city in the evening
Aerial view of the city in Spain
Houses in Spain

Jonas Stobbe at University of Malaga, Spring Semester 2020

Erfahrungsbericht Auslandssemester Málaga 2020

Ein Auslandssemester getreu dem Motto:

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt

 

Bereits mit dem Beginn meines Studiums, am RheinAhrCampus in Remagen, stand fest, dass es mich für ein Semester ins Ausland ziehen wird, da ein Auslandssemester für alle MFI Studierenden verpflichtend ist. Somit beschäftigte ich mich schon früh mit der Frage, welches Land das geeignete für mich ist. Nach zahlreichen Überlegungen und Gesprächen fiel meine Wahl letzten Endes auf Spanien, da mich das Land mit seiner besonderen Kultur schon in jungen Jahren begeistert hat. Somit blieb nur noch die Frage zu klären, welche Partneruni es werden sollte. Nach einer kurzen Recherche stand für mich schnell fest, dass es nach Málaga gehen sollte, da die Stadt mit der perfekten Lage am Meer schnell Urlaubsgefühle in mir weckte. Zudem luden die Berge im Hinterland dazu ein meinem großen Hobby, dem Rennradfahren, nachzugehen.


Nach dem Einreichen meiner Bewerbungsunterlagen erhielt ich schnell eine positive Rückmeldung, sodass die konkrete Planung schnell in die Tat umgesetzt werden konnte. Zunächst einmal ging es mit der Wohnungssuche los, welche sich schwerer gestaltete als gedacht. Mit ein wenig Geduld fand ich dann doch eine Wohnung, mit einer herrlichen Dachterrasse in sehr zentraler Lage. Aus dem Wohnzimmerfenster ließ sich sogar das Universitätsgebäude erblicken, welches in zwei Minuten fußläufig zu erreichen war. Auch wenn dieser Luxus, im Vergleich zu anderen Wohnungen, seinen Preis hatte, stellte sich die Wohnung als Glücksgriff für mich heraus.


So stand meinem Auslandssemester nichts mehr im Wege und ich war froh dem kalten und nassen Februarwetter in Deutschland entfliehen zu können. Mit einer großen Portion Vorfreude ging es zum Flughafen, wo bereits die erste schlechte Nachricht nicht lange auf sich warten ließ. Das Flugzeug hatte aufgrund von technischen Problemen 8 Stunden Verspätung. So machte ich das Beste aus der langen Wartezeit und setze mich in die Lufthansa Lounge, wo ich die kostenlose Verpflegung genießen konnte. Und siehe da, wen trifft man nicht alles am Köln Bonner Flughafen? Lukas Podolski saß zu meiner großen Überraschung direkt vor mir. So verging die vermeintlich lange Wartezeit wie im Fluge und ich erreicht am späten Abend spanischen Boden. Die Schlüsselübergabe und das Beziehen meines neuen Domizils lief problemlos ab, sodass einem erfolgreichen Start in das Auslandssemester nichts mehr im Wege stehen sollte. Bereits am nächsten Tag ging es mit der Einführungsveranstaltung los. Da ich die Englischsprachige Veranstaltung aufgrund von Klausuren am RheinAhrCampus leider verpasste, musste ich nun mit der spanischen Version vorliebnehmen.


Bezüglich der Kurswahl informierte ich mich bei Kommilitonen aus Deutschland, nach deren Erfahrungen. Nach reichlichen Überlegungen entschied ich mich letzten Endes für 2 Spanisch und 2 Englischsprachige Kurse. Leider wurden zwischenzeitlich einige Kurse umgestellt, sodass sich meine Kurswahl nicht als die Glücklichste erwies. Generell weicht das Spanische Lehrsystem an Universitäten stark vom Deutschen System ab. Die Vorlesungen sind sehr verschult, wodurch ich mich oftmals an meine Abiturzeit zurückerinnert fühlte. Hausaufgaben,
Vorträge und Hausarbeiten zählen an spanischen Universitäten zur Tagesordnung, sodass die abschließende Klausur oftmals nur 20 oder 30 Prozent der Endnote ausmacht. In zahlreichen 
Kursen gab es eine Anwesenheitspflicht, welche mithilfe von Namenslisten kontrolliert wurde. Zudem erwies meine Entscheidung, zwei Englischsprachige Kurse zu wählen, nicht als die klügste heraus. Oftmals sprachen meine spanischen Kommilitonen so schlecht Englisch, dass selbst der Dozent Schwierigkeiten hatte zu verstehen was gemeint war. Aufgrund dessen entschieden sich die Dozenten oftmals, nach der Hälfte der Vorlesung, ins Spanische zu wechseln, wodurch der vermeintliche Vorteil der Englischsprachigen Kurse hinfällig war. 


Ein weiteres Erlebnis, welches ich immer mit dem Auslandssemester in Málaga in Verbindung bringen werde, war der dort herrschende Putzstreik. Generell hatte ich den Eindruck, dass die Spanier wegen alles und jedem auf die Straße zum Demonstrieren gehen. Als ich jedoch eines montagmorgens das Universitätsgebäude betrat, war das gesamte Gebäude verwüstet. So wurden die Mülleimer mutwillig ausgeschüttet, die Wände mit Farbe besprüht, Papierschnipsel überall auf dem Boden verteilt und die Toiletten verstopft. Für den gesamten Universitätskomplex stand somit nur noch eine funktionierende Toilette zur Verfügung. 


Zur Stadt Málaga lässt sich sage, dass das Stadtzentrum erstaunlich klein ist und somit alle Sehenswürdigkeiten zu Fuß erkundet werden können. Gerade der anliegende Hafen für Kreuzfahrtschiffe sorgte oftmals dafür, dass die Stadt tagsüber von zahlreichen Touristen überschäumt wird und es in zahlreichen Restaurants und Cafés keine Sitzplätze mehr gibt. So fiel es mir nicht schwer mich an die spanischen Essenszeiten zu gewöhnen. Abends trifft man vor 21 Uhr keinen echten Spanier in einem Restaurant, sodass das Abendessen oftmals erst zu sehr später Stunde endet. Des Weiteren konnte ich feststellen, dass sich das Leben der spanischen Bevölkerung viel häufiger auf der Straße abspielt, als wir es aus Deutschland gewöhnt sind. So haben viele Spanier oftmals nur spartanisch eingerichtete Wohnungen, da sie diese gerade im Sommer nur zum Schlafen verwenden. Neben zahlreichen Bars und Restaurants gab es im Stadtzentrum ebenfalls mehrere Lokalitäten, welche überwiegend von Erasmus Studenten genutzt wurden. So viel es mir nicht schwer neue Kontakte mit Leuten aus aller Welt zu knüpfen. Besonders beliebt ist die Universität in Málaga bei Studierenden aus Südamerika, da diese dort oftmals in ihrer Muttersprache studieren können. Jedoch waren eben ebenso viele Studierende aus allen Ländern Europas in Málaga vertreten, sodass ich mir schnell einen internationalen Freundeskreis aufbauen konnte. Für die große Anzahl an Erasmus Studenten werden extra von externen Organisationen Touren zu verschiedenen Attraktionen in das andalusische Umland angeboten, sodass man sich um die Organisation nicht selber zu kümmern braucht und man für wenig Geld viel sehen kann. Ebenfalls als wahrer Glücksgriff erwies sich mein Plan, mein Rennrad mit nach Spanien zu nehmen, da sich somit das Hinterland auf eigene Faust erkunden konnte. Besonders anspruchsvoll waren jedoch die naheliegenden Berge, da man vom Stadtzentrum Málagas zunächst einmal 1.000 Höhenmeter erklimmen musste, um den Gipfel zu erreichen. Oben angekommen hatte man einen herrlichen Blick auf das angrenzende Meer, welchen ich hier in Deutschland definitiv vermissen werde. 

Als am Ende des vergangenen Jahres die ersten Meldungen über ein neues Virus in den Medien auftauchte, welches sich in China verbreitete, hätte ich mir nicht träumen lassen, welche Konsequenzen dies einmal für mich persönlich haben würde. Anfang März schwappte das Virus im großen Stil nach Europa über und traf Spanien besonders schlimm. Zunächst wurden die Präsenzveranstaltungen am Campus, wie in Remagen auch, abgesagt und auf Online-Vorlesungen umgestellt. Wenige Tage später wurde die Lage im ganzen Land so dramatisch, dass die spanische Regierung eine zweiwöchige Ausgangssperre im ganzen Land
erließ, welche es nur noch erlaubte die eigene Wohnung zum Einkaufen zu verlassen. Ich verabschiedete mich einen Tag vor Beginn der Ausgangssperre von zahlreichen, neu
gewonnenen Freunden mit den Worten „bis in 2 Wochen“. Was ich zum damaligen Zeitpunkt nicht ahnte war, dass dies erst der Beginn einer insgesamt neunwöchigen Ausgangssperre im gesamten Land werden sollte. Als sich nach wenigen Tagen abzeichnete, dass es nicht bei den ursprünglich geplanten zwei Wochen bleiben sollte, machte ich mich auf die Suche nach einem Rückflugticket, da die Lage in Deutschland deutlich besser unter Kontrolle war und die medizinische Versorgung im Fall der Fälle deutlich besser gewesen wäre. Glücklicherweise konnte ich ein Rückflugticket für den vorletzten Flug von Málaga zurück nach Deutschland ergattern, sodass meiner frühzeitigen Abreise nichts mehr im Wege stand. Am Tag der Abreise ereigneten sich am Flughafen abenteuerliche Szenen. Für den Flug mit insgesamt 150 Sitzplätzen wurden mehr als 300 Tickets verkauft, sodass für mehr als die Hälfte der wartenden Passagiere kein Platz im Flugzeug war. Zum Glück konnte ich im Voraus die Online-Platzreservierung nutzen, sodass ich das große Glück hatte, dass ich einen Platz im Flugzeug ergattern konnte. Wie ich später im Flugzeug erfuhr, wurden die zurückgelassenen Passagiere, von einem anderen Flugzeug, 6 Stunden später, ebenfalls zurück nach Deutschland gebracht. Dieses Erlebnis wird mir mit Sicherheit noch einige Jahre in Erinnerung bleiben. 

Alles in allem kann ich jedem eine Reise nach Andalusien und insbesondere nach Málaga wärmstens empfehlen. Das mediterrane Klima, die andalusische Küche und die direkte Lage am Meer machen die Stadt zu einem echten Highlight. Zudem eignet sich die Stadt für zahlreiche Ausflüge in andere andalusische Städte wie beispielsweise Sevilla, Granada oder Cordoba. Einzig und alleine das spanische Universitätssystem werde ich nicht vermissen, da es im Vergleich zum deutschen System deutlich unorganisierter und arbeitsaufwändiger ist. So bin ich mir sicher, dass ich in Zukunft noch einmal nach Málaga zurückkehren werde, um die vielen Dinge zu erkunden, welche ich aufgrund des abrupten Endes nicht mehr besichtigen konnte.